| Vielleicht haben Sie schon von Nieztsche gehört. Wissen Sie, was er theoretisch zur modernen Literatur beigetragen hat? |
| Friedrich Nietzsche hat in seiner frühen Schrift "Die Geburt der Tragödie" (1872) eine pessimistische Theorie entwickelt. Er benutzt die "optimistische" Figur Socrates, den mächtigsten griechischen Philosophen, als einen negativen Beweis für seine Theorie. Seine Theorie hat die moderne Literatur stark beeinflußt. In dieser Schrift benutzte und entwickelt das Begriffspaar "apollinisch-dionysisch", um die westlichen Kultiuren zu beschreiben. Nach ihm sind diejenigen struktuierten Künste im weitesten Sinne wie Bildhauerei, Drama, Bild, Begriffe und Worte das Schöne und das Ruhige. Sie sind bestimmt von Form, Präzision, Klarheit und Schönheit. All dies offenbart aber nichts anders als "Traum", "ruhmvolle Erscheinung" und "Illusion". Diese Erscheinung ist nach ihm nur nötwendig, um das Leben möglich zu machen. Diese Beurteilung entspricht etwa seiner Beurteilung der "Methapher" in seiner Schrift "Über Wahrheit und Lüge im normalen Sinne" (1873). Das heißt, all das Schöne nicht anders als das Zweiträngige im Verhältnis zum Leben. Im Gegensatz dazu sind wilde Musik, Volkslied, Tanz und Chor in seinen Augen das Wahre, das Dämonische, Rausch, Urtraum, Wille, Aktion, Intuition, Terror. Das alles ist für ihn die Realität, die zur Natur gehört oder der Natur nahesteht. Als er die griechische Kultur bespricht, verwirft er die modische Rhetorik über "griechische Harmonie", "griechische Schönheit" und "griechische Heiterheit" und weist darauf hin, daß das Apollinische und das Dionysische sich im fortwährenden Streit und Gegensatz befinden und es nur periodische einmischende Versöhnungen gibt. Zwar spricht er auch von der gegenseitigen Abhängigkeit der beiden Gebiete, er bekräftigt jedoch ohne Zweifel die Überlegenheit des Dionysischen über das Aponillische. Für ihn ist das Dionysische "die wesentliche Idee der Welt und das Drama ist aber nur die Widerspielung dieser Idee". Seine pessimistische Einsicht korrigierte die übliche Einseitigkeit und Einschränkung zu seiner Zeit und eröffnete Möglichkeiten für vielschichtige kulturelle und literaische Tätigkeiten. Man kann den Einfluß von Nietzsches kultureller Theorie u.a. an Der Tor und der Tod von Hofmannsthal und Tonio Kröger von Thomas Mann erkennen. |