Projekt:
„Die Verloren Ehre der Katarina Blum“
Gruppe 8:
Die Schlöndorff – Verfilmung
Maike Brüggemann
Dennis Burmann
Matthias Wiedeking
Wie werden die Figuren im Film dargestellt? Stimmen die Wertigkeiten mit der Erzählung überein?
· Arbeitet heraus, welche Figuren im Film gegenüber der Erzählung unterrepräsentiert/überrepräsentiert sind.
Katharina Blum: Bei der Figur der Katharina Blum kann man eigentlich weder eine Unter- noch eine Überrepräsentation feststellen. Katharina ist sowohl im Buch als auch im Film die Hauptrolle, also auch entsprechend präsent.
Ludwig Götten: Ludwig Götten ist im Film auf jeden Fall überrepräsentiert, man sieht ihn ganz zu Anfang des Films, wie er auf einer Fähre den Rhein überquert und dann in der Nähe des Anlegers den Porsche klaut, in dem er später mit den beiden Cousinen von Katharina und dem Scheich Karl zu der Fete von Frau Woltersheim fährt, wo er und Katharina sich kennen lernen. Auch an anderen Stellen wird er im Film gezeigt, z.B. als die beiden zusammen in die Wohnung Katharinas gehen oder als sie zusammen telefonieren.
Tötges: Für Tötges gilt prinzipiell dasselbe wie für Ludwig Götten, auch er ist sehr stark überrepräsentiert, während er im Buch selber kaum/ gar nicht vorkommt, wird er im Film immer wieder gezeigt, wie er recherchiert, wie er Leute befragt, ja sogar mit Kommissar Beizmenne regelrecht zusammenarbeitet, wie er am Telefon der Redaktion seine Texte durchgibt, etc.
Frau Woltersheim: Frau Wolterheim sowie ihr Freund, Konrad Beiters sind dem Buch äquivalent dargestellt, das heißt, bei den beiden ergibt sich eigentlich insgesamt auch keine Über- oder Unterrepräsentierung, in einigen Sequenzen kann es allenfalls zu einer leichten Überrepräsentation der beiden kommen.
Die Blornas: Für die Blornas gilt dasselbe wie für Frau Woltersheim und Herrn Beiters, sie sind, wenn überhaupt, allenfalls leicht überpräsentiert.
Kommissar Beizmenne: Beizmenne scheint im Film etwas stärker ins Licht gerückt als im Buch, vor allem, was seine Unfreundlichkeit und Grobheit betrifft. Bei der Erstürmung von Katharinas Wohnung rastet er beispielsweise aus, als das Sondereinsatzkommando Ludwig Götten nicht mehr vorfindet. Des weiteren sieht man Beizmenne im Film bei persönlichen Gesprächen mit seinem Assistenten Möding und Tötges. Insgesamt kann man sagen, dass Beizmenne leicht überrepräsentiert ist.
Der Assistent Beizmennes, Möding: Auch der Assistent von Kommissar Beizmenne ist, wie sein Chef selbst, überrepräsentiert, in einer Szene folgt er Katharina, als sie durch die Stadt fährt und spricht sie schließlich vor einer Würstchenbude an.
Polizisten und Staatsanwälte: Die Polizisten sind ganz klar überrepräsentiert, denn die Erstürmung von Katharinas Wohnung durch ein Sondereinsatzkommando und die anschließende Abführung sind sehr detailliert dargestellt. Ebenso wird deutlich dargestellt, wie Katharina zwischen den Verhören in ihre Zelle geführt wird. Dabei verhalten sich die Polizisten sehr grob, sie stören sich gar nicht daran, dass sie eine Frau ist, sondern ‚schubsen’ sie herum, etc und behandeln sie fast wie eine Schwerverbrecherin (Ausnahme: Frau ...). Das große Polizeifinale ist die Festnahme von Götten, die selber nicht gezeigt wird, wohl aber das Abrücken der Hundertschaften und der Hubschrauber, etc. Bei den Staatsanwälten sieht es hingegen anders aus. Während Dr. Hach noch ganz leicht überrepräsentiert wird, beispielsweise wird eine Szene gezeigt, in der die Freundschaft und Verbindung zu Blorna ganz deutlich wird (Besuch von Blorna bei Hach), so bleibt sein Kollege Dr. Korten doch ganz im Hintergrund und wirkt sogar leicht unterrepräsentiert.
Die Unternehmer: Von den Unternehmern ist Sträubleder (der Herrenbesuch) deutlich präsent (u.a. in der Klosterszene), er ist also überrepräsentiert, während sein Partner Lüding nicht als Person vorhanden ist (außer am Ende bei der Grabrede) und im Film auch nicht bzw. nur ganz am Rande erwähnt wird. Die Aufmerksamkeit wird also vollends auf Sträubleder gelenkt.
Die Nebenfiguren: Die Nebenfiguren werden insgesamt im Film eigentlich stark vernachlässigt, so kommt das Ehepaar Hiepertz im Film gar nicht vor, weder als eigenständige Rolle, noch als Erwähnung anderer Figuren. Der Pfarrer von Gremmelsbroich ist kurz zu sehen, als Tötges ihn interviewt, was in etwa seiner Repräsentation im Buch entspricht. Auch der ehemalige Ehemann von Katharina, Brettloh, wird kurz gezeigt, als Töttges ihn in der Fabrik besucht, in der er arbeitet. Da Brettloh so als Figur im Buch nicht vorhanden ist, sondern nur in Erzählungen, bzw. Zeitungsberichten, kann man dies eine Überrepräsentation nennen. Dasselbe gilt für die Mutter von Katharina, die gezeigt wird, als Tötges sie auf der Intensivstation interviewt. Die Cousinen Katharinas hingegen scheinen nur leicht überrepräsentiert da sie gezeigt werden, wie sie Götten im Tanzlokal treffen und mit ihm im Auto zu der Fete von Frau Wolterheim fahren. Dafür entfällt aber die Befragung durch Beizmenne, daher nur eine leichte Überrepräsentation.
Insgesamt kann man sagen, dass der Film sich nur auf die Hauptfiguren beschränkt, diese aber deutlicher herausarbeitet, die Nebenfiguren werden zwar fast alle in den Film eingebunden, allerdings dann nur durch kurze Szenen bzw. durch Dialoginhalte dargestellt. Der Film stellt allerdings sehr deutlich die Arbeitsweise von Tötges dar und richtet somit seine Kritik gegen diesen und diese Form von Journalismus.
Das beste Mittel, eine Person herauszuheben bzw. in den Hintergrund zu rücken, ist natürlich die Bildgestaltung. Bei der Bildgestaltung ist dann wiederum der wichtigste Punkt, wie die Person aufgenommen ist, das heißt, welche Kameraeinstellung vorgenommen wurde. Wenn eine Person in einer Nahaufnahme gezeigt wird, ist sie natürlich automatisch herausgehoben, dass heißt, je öfter eine Person alleine in einem Film vorkommt, desto stärker wird sie natürlich herausgehoben, denn je mehr Personen in einem Bild zu sehen sind, desto mehr verschwindet die eigentliche Person im Hintergrund. Von dort kann man sie allerdings wieder herausholen, in dem die Kamerafahrten so gesetzt sind, dass die Person mehr und mehr alleine ins Bild rückt, oder das die Kamera z.B. an die Person ranzoomt. Ein weiter Faktor ist auch die Handlung der Personen, handeln und sprechen sie selbst aktiv oder stehen sie nur passiv im Hintergrund herum. Je mehr eine Person in einem Film aktiv macht, desto mehr wird sie natürlich auch herausgehoben. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Szenenfolge, denn je länger eine Person im Film in zusammenhängenden Szenen als Hauptfigur dargestellt wird, desto mehr ist sie natürlich hervorgehoben, wobei es natürlich auch ganz stark auf die Szenenlänge ankommt. Aber auch der Ton kann unter Umständen eine wichtige Rolle spielen, denn wenn eine Person nur passiv im Bild steht und nichts sagt, wird die Person, die dabeisteht und handelt natürlich hervorgehoben. Im Gegensatz dazu kann der Ton allerdings auch eine Person, die gar nicht im Bild zu sehen ist, in das Geschehen rücken, in dem diese z.B. aus dem off, das heißt von außerhalb des Bildes spricht. Durch das sehr komplexe Zusammenspiel dieser Faktoren werden Figuren im Film entweder herausgehoben oder in den Hintergrund gerückt, nur ein oder zwei dieser Faktoren vermögen dies nicht zu tun.
Die Figuren werden im Film ähnlich wie im Buch charakterisiert, nur teilweise noch extremer und ausgeprägter. Katharina wird wie im Buch als freundlich, ruhig, sachlich korrekt und vielleicht etwas kühl charakterisiert. Ebenso ihr Umfeld, - also Frau Woltersheim, deren Freund, die Blornas - das ihr engagiert versucht zu helfen und sich um sie kümmert. Die Figuren wirken auf den Zuschauer, wie die entsprechenden im Buch. Hingegen tritt Kommissar Beizmenne noch unfreundlicher auf als im Buch, er agiert viel grober gegenüber Katharina, und tut so, als wäre sie eine Schwerkriminelle. Bei ihm kommen noch zwei Dinge hinzu, erstens, dass die Rolle mit Mario Adorf besetzt wurde, der ansonsten immer Gangster und zweifelhafte Personen spielt und zweitens, dass er mit einem stark rheinländischen Akzent auftritt und damit seine Grobheit und Unfreundlichkeit entschuldigt, was ihn aber nicht entastet. Auch der Staatanwalt wird etwas grober als im Buch dargestellt. Ihn umgibt eine falsche bzw. aufgesetzte Freundlichkeit, die ihn ins schiefe Licht rückt. Die Polizisten handeln allesamt sehr grob, trotz dass sie immer wieder versuchen, auf Katharina zuzugehen, wenn sie Katharina durch die Polizeigebäude in die Zelle führen, als wäre sie eine Schwerverbrecherin, noch bevor sie Tötges umgebracht hat. Lediglich Möding, der Assistent Beizmennes, wirkt im Film freundlicher als im Buch, er ist wirklich daran interessiert, Katharina zu helfen und sieht in ihr noch das Menschliche und nicht die Schwerverbrecherin, wie die anderen (ebenfalls bevor dem Mord an Tötges). Götten hingegen wird schon deutlich als gefährlicher Bursche charakterisiert, denn man sieht ihn zu Begin, wie er den Porsche klaut (Sequenz 2) und wie er dann auf der Fahrt zu der Feier von Frau Woltersheim ganz geschickt die verfolgende Polizei abhängt. Das zeigt, dass er sehr genau weiß, was er tut und das er wirklich Grund hat, zu fliehen. Auch Sträubleder, der Herrenbesuch, kommt im Film etwas anders rüber als im Buch, hier erscheint er mehr egoistisch, er will nur noch sich retten, Katharina hat er schon fallen gelassen. Und auch Lüding, der nur die Grabrede bei Tötges Beerdigung hält, erscheint sehr zwiespältig, da er den Mord an Tötges im Namen der Pressefreiheit deckt, deshalb wirkt auch er unsympathisch. Am unsympathischsten wirkt aber Tötges, wobei dieser im Buch ja nicht wirklich auftritt, weshalb sein Verhalten und Charakter im Film eher eine Vermutung ist, aber es könnte sehr gut sein, dass er auch im Buch so gewesen ist, nämlich großkotzig, sehr selbstbewusst, egoistisch, dominant und nur auf seinen Erfolg aus.
· Gibt es Angebote, für den Zuschauer, sich mit Figuren zu identifizieren oder sich von ihnen zu distanzieren?
Durch diese Charakterisierung der Figuren im Film ergibt sich natürlich ein großes Angebot der Identifizierung der Zuschauer mit den Figuren. Der Zuschauer identifiziert sich auf jeden Fall mit Katharina Blum und ihrem Umfeld, das trotz allem zu ihr hält und sie nicht im Stich lässt. Da Katharina Blum als freundliche, junge Frau dargestellt wird, die immer sachlich und korrekt ist und trotz allem die Ruhe bewart, wird sie sofort vom Zuschauer angenommen, während vor allem Tötges, der egoistisch und großkotzig auftritt von den Zuschauern sofort abgelehnt wird, ebenso wie Beizmenne, der im Film sehr viel unfreundlicher und grober agiert, als im Buch. Während der Zuschauer ihn, sowie den Staatsanwalt Dr. Hach, der aufgesetzt freundlich und falsch tut, also ablehnt, bringt er Beizmennes Assistent Möding eher Sympathien entgegen, da dieser noch das Menschliche in Katharina sieht, sich ein bisschen um sie kümmert und ihr helfen will (z.B. in Sequenz 24 vor der Pommesbude). Der Herrenbesuch, Sträubleder, hingegen wird vom Zuschauer eher abgelehnt, denn in der Sequenz, in der er mit Blorna redet (Sequenz 40) und zuvor, als er Katharina im Kloster trifft (Sequenz 28), wird durch die Spielweise des Schauspielers sehr deutlich, dass es ihm nur noch um sich geht und er Katharina im Prinzip nicht helfen, sondern nur noch sich retten will.
Der Film trennt dadurch also deutlich die ‚Guten’ von den ‚Bösen’, was sehr deutlich beim Zuschauer ankommt.
· Vergleicht insbesondre die Darstellung des Reporters Tötges im Film und in der Erzählung.
Tötges wird im Film und im Buch komplett anders gehandhabt. Während Tötges im Buch als Person nicht vorhanden ist, im Buch berichtet der Erzähler nur über Tötges, stellt Vermutungen an über seine Arbeitsweise etc. , so ist ihm im Film eine Hauptrolle zugeordnet. Er taucht immer wieder im Film auf, und seine Arbeitsweise wird dargestellt, wie er beispielsweise die Personen, wie z.B. den Pfarrer interviewt, während man im Buch nur die Ergebnisse dieser Arbeit in Form von Zeitungsartikeln zu sehen bekommt. Aber der Film geht noch weiter, so wird die Vermutung des Erzählers im Buch, dass Tötges Katharinas schwerkranke Mutter im Krankenhaus besucht, in eine Tatsache umgesetzt und er in einer Szene am Krankenbett gezeigt. Aber er wird nicht nur während der Interviews gezeigt, sondern auch, wie er mit Kommissar Beizmenne kooperiert, und so an die Insiderinformationen kommt. In einer Szene wird Tötges gezeigt, wie er aus Gremmelsbroich von einem Telefon aus der Redaktion der Zeitung seinen Artikel diktiert, in dem Film ist also eindeutig er dafür verantwortlich, was in die Zeitung kommt, während es im Buch nicht ganz klar wird, ob er selber auch die reißerischen Artikel schreibt, oder ob er nur die Informationen beschafft. Dabei hat er stets ein dominantes, sehr selbstbewusstes und großkotziges Auftreten. Er schüttet beispielsweise seinem Fotografen in einer Gaststätte den Schnaps weg, oder macht gleichzeitig, während er mit der Redaktion telefoniert, eine Gruppe on Frauen an, von dem Verhalten gegenüber Katharina, bevor sie ihn erschießt, einmal ganz zu schweigen. Dieses Verhaltung und die ständige Präsenz im Film macht ihn beim Zuschauer unbeliebt, von seinem ersten Auftraten an empfindet man eine Abneigung gegen ihn, die im Laufe des Filmes noch verstärkt wird, da er völlig gefühllos handelt und nach und nach Katharinas Leben zerstört. Im Film geht es also im Gegensatz zum Buch nicht um das System, sondern um den Reporter als einzelne Person.
Welche Elemente werden durch die Kameraführung betont?
Die starre Kameraführung tritt meistens dann auf, wenn Gebäude gezeigt werden. Gebäude wie zum Beispiel das Hochhaus, in welchem sich die Wohnung der Katharina Blum befindet oder das Haus von Katharina Blums Mutter. Diese Kameraführung tritt aber auch bei Personen auf. Ganz zu Anfang wird die Kamera starr auf Ludwig Götten gerichtet. Auf diese Weise wird dem Zuschauer vermittelt, dass diese Person in dem Film eine wichtige Rolle spielt. Auch auf der Party der Else Woltersheim, als Katharina Blum zum ersten Mal mit Friedrich Götten in den Blickkontakt gerät, wird auf diese Methode zurückgegriffen. Weitere Szenen, in denen diese Kameraführung angewendet wird, ist im Skiurlaub der Blornas, als Katharina Herrn Blorna am Telefon den Zeitungsartikel vorliest, in dem er zitiert wird und er ihr mitteilt, was er tatsächlich der Zeitung gesagt hat. Hier ist besonders auffällig, dass dieser starre Blick gelöst wird, nachdem er ihr sagt, dass er sie möge oder als Katharina Sträubleder im Kloster besucht und er seine Liebe zugesteht. Hier drückt Sträubleder auch sehr viel durch Mimik aus, die nicht durch Kamerabewegungen beeinträchtigt wird.
Die bewegte Kameraführung wird, wenn sie eingesetzt wird, immer seitlich und auf Augenhöhe ausgeführt und präsentiert die Handlung. Teilweise bekommt man das Geschehen aus Katharinas Sicht zu sehen, wie zum Beispiel in der Mordszene Tötges (Sequenz 49). Bevor Tötges die Wohnung betritt, richtet sich die Kamera starr auf Katharina, die gefasst auf einem Stuhl mitten in ihrer Wohnung sitzt und eine Hand in ihrer Tasche hat und wahrscheinlich ihre Pistole hält. Anschließend richtet sich die Kamera auf Tötges und Katharina ist ganz ausgespart, wodurch der Zuschauer ihren Standpunkt zugeteilt bekommt, so dass man das Gefühl bekommt, an Stelle der Katharina auf dem Stuhl zu sitzen und alles gefühlsmäßig nachvollziehen kann. Erst als er direkt vor ihr steht, wird sie und ihre Reaktion aus seiner Sicht gezeigt, was der natürlichen Darstellung dient.
Durch diese Auswahl der Kameraeinstellungen fühlt sich der Zuschauer wie ein Beobachter der Geschehnisse, es wird also der Erzähler aus dem Buch nachgeahmt, denn auch er schildert nur seine Beobachtungen und verdramatisiert oder bewertet nicht, bleibt also neutral, wie die Kameraeinstellungen auch. Die seitlichen Kamerabewegungen und die perspektivische Darstellung aus der Augenhöhe, dient dazu, dem Zuschauer das Gefühl zu vermitteln, unmittelbar am Geschehen teilzuhaben und alles mit eigenen Augen zu beobachten, ebenso wie die starren Kamerahaltung. Dadurch, dass einige Szenen aus der Sicht von Katharina gezeigt werden (z.B. beim Mord an Tötges, Sequenz 49), wird dem Zuschauer vermittelt, wie Katharina die Dinge sieht, diese Sicht ersetzt die Gedanken in ihr, die im Film ja nicht so gut dargestellt werden können. Der Zuschauer bekommt in solchen Situationen auch ohne entsprechende ‚Hintergrundinformationen’, also z.B. die Gedanken der Personen ihre Gefühle mit und wie diese die Szene empfindet.
Wie gestaltet der Film die zeitliche und räumliche Struktur?
Der Film spielt auch an den Karnevalstagen., jedoch von Mittwoch, den 05. Februar bis Sonntag, den 09. Februar 1975. Im Buch spielt die Hauptgeschichte von Mittwoch, den 20. Februar bis Sonntag, den 24. Februar 1974, wobei die künftige Zeit nur noch angesprochen wird. Im Film folgt nach dem Mord noch das Verhör nach der Verhaftung Katharinas, ein Zusammentreffen von Katharina und Ludwig im Polizeikeller und die Beerdigung Tötges.
Während im Buch der Mord an Tötges ganz zu Anfang steht und die Erzählung rückblickend aufgebaut wird, ist der Film hingegen chronologisch aufgebaut. Hier spitzt sich alles bis zum Ende hin zu und es wird dadurch mehr Spannung aufgebaut. Die Rückblenden, die im Film vorhanden sind, sind für die zeitliche Struktur des Filmes von keiner Bedeutung, da diese nur die Erinnerungen von Katharina an die Zeit mit Ludwig repräsentieren. Obwohl im Film einige Szenen gekürzt, bzw. neue hinzugedichtet sind, so hält sich der Film jedoch relativ eng an den Inhalt des Buches, so dass, einmal abgesehen vom chronologischen Aufbau und den verschiedenen Daten der Karnevalstage, die zeitliche Struktur von Film und Buch soweit ganz gut übereinstimmen.
· Welche Schwerpunkte entstehen durch dir der Sequenzabfolge und die Dauer der Sequenzen?
Der Schwerpunkt des Filmes liegt auf jeden Fall bei der Polizeiarbeit, denn die Sequenzen, in denen Verhöre stattfinden (12,15,34) sind mit etwa 5 – 6 Minuten doch überdurchschnittlich lang. Aber auch Sequenzen mit Tötges sind durch die Länge hervorgehoben, so werden beispielsweise seine Recherchemethoden in Sequenz 15 fast 4 Minuten lang dargestellt und auch der Mord am Ende des Films, als Tötges in die Wohnung von Katharina vordringt, wird mit einer Sequenzlänge von fast drei Minuten für den Film ungewöhnlich lang dargestellt. Die Sequenzen folgen alle sehr der Chronologie des Filmes, das heißt, es werden auch nie zwei Handlungen gleichzeitig dargestellt, sondern beginnt eine Handlung an einem Ort, so ist diese abgeschlossen, bevor die Handlung an einem anderen Ort weitergeht, das heißt, der Film ist weitestgehend frei von Sprüngen, wodurch er weitere Züge eines Dokumentarfilms erhält. Insgesamt legt der Film dadurch seine Schwerpunkte auf die wichtigen Elemente der Handlung, nebensächliche Elemente werden durch nur kurze Sequenzen für den Zuschauer dementsprechend gekennzeichnet.
Wie auch in der Erzählung spielt auch der Film zum größten Teil in Katharinas Wohnung und im Polizeipräsidium. Ihre Eigentumswohnung in der Satellitenstadt im Süden (S.25) steht für ihre Privatsphäre, die ihr jedoch durch den Polizeiaufmarsch am Donnerstag, den 06.Februar, der eine Durchsuchung der Wohnung mit sich bringt, genommen wird. Im Polizeipräsidium wird sie immer zum Thema Ludwig Götten befragt und muss hier einen großen Teil ihres Privatlebens preisgeben, was dann anschließend an die Zeitung weitergeleitet wird. Weitere Orte sind das Café Polkt, die Wohnung der Blornas und die der Else Woltersheim, das Krankenhaus, speziell die Intensivstation, in der Tötges zu Katharinas schwerkranke Mutter durchdringt. Des weiteren auch die Leichenhalle und das Kloster. Diese Szene hat die Funktion, die Verstrickung Kirche – Arbeitgebermilieu darzustellen (Gespräch mit Heinrich Böll Z.8). Weitere entscheidende Szenen sind die auf dem Friedhof bei Tötges Beerdigung, die beim Ferienhaus von Sträubleder, wo sich Götten versteckt hält und die Blornas im Winterurlaub. Als Töttges Katharinas Wohnung betritt, tritt er ihr endgültig zu nahe (Zimmer = Privatsphäre), was dann auch durch den Mord an ihm beendet wird. Der Gegensatz zur Wohnung ist das Polizeipräsidium, hier kann sie sich nicht zurückziehen, hier muss sie alles von sich preisgeben.
Welche Rolle Spielt die Begleitmusik?
Die Begleitmusik ist durchweg eine von einem Orchester eingespielte Musik, die oftmals sehr laut, dissonant, hektisch, unkoordiniert und teilweise sogar schon als bizarr bezeichnet werden kann. An einigen Stellen hört es sich so an, als würde das Orchester einfach nur wild durcheinander spielen - es klingt chaotisch und spannungsgeladen - dann fängt es sich aber wieder schnell und geht in eine strukturierte Form über. Außerdem wird die Musik in diesem Film etwas anders eingesetzt als in anderen Filmen, und zwar kaum als Hintergrundmusik, die eine Szene bzw. einen Dialog hinterlegt, sondern sehr oft findet man in diesem Film entweder Musik oder Dialog, aber sehr selten beides gleichzeitig, demzufolge steht die Musik dann auch im Vordergrund. Selbst solche Szenen, wie die Fahrt Göttens zu Frau Woltersheim und die damit verbundene, kleine Verfolgungsjagd (Sequenz 4) oder die Erstürmung der Wohnung Katharinas (Sequenz 10) sind nicht mit Musik unterlegt, was für heutige Verhältnisse völlig untypisch ist. Die Musik lässt sich hauptsächlich zu Szenenwechseln vorfinden, sozusagen als Überleitung.
Da die Begleitmusik fast nur separat auftritt (s.o.), also dann im Vordergrund steht, kann man sie also bald schon als einen stummen Erzähler werten, und da sie vor allem zu Szenenwechseln auftritt, charakterisiert sie die neuen Szenen im voraus. Ein gutes Beispiel ist hierfür die Sequenz neun, in der zuerst das Hochhaus im Morgengrauen gezeigt wird, in dem Katharina wohnt und dazu eine sehr dissonante und spannungsgeladene Musik. Dies vermittelt dem Zuschauer im voraus, dass nun etwas passieren wird, in diesem Fall, dass die Polizei anrückt, um Katharinas Wohnung zu erstürmen. Die eigentliche Stürmung ist aber dann ganz ohne Musikuntermalung, was wie gesagt für heutige Verhältnisse sehr untypisch ist, aber dieses wohl bewusste Weglassen einer Musik, die zusätzlich Spannung und Bewegung in die Szene bringen würde, gibt dem Film eine objektivere Note, da diese Szenen ohne Musikuntermahlung schon fast wie aus einem Dokumentarfilm wirken. An diesen Stellen nähert sich der Film wieder stark an Erzähler im Buch an, der es ja auch vermeidet, in irgendeiner Weise wertend zu wirken, sondern alles nur objektiv erzählt. In nur ganz wenigen Sequenzen wird die Musik dazu verwendet, um die Gefühlslage der Charaktere auszudrücken, eine davon ist die Sequenz 13, in der Katharina das erste Mal in der Zelle sitzt und sich an den schönen Tanzabend mit Ludwig erinnert. Hier wird eine Musik eingespielt, die der sonstigen Musik doch sehr ähnelt, bei der aber sehr deutlich der traurige Charakter durchklingt, und so die Gefühlslage von Katharina charakterisiert wird. (In der Fachsprache nennt sich dies Paraphrasierung, das heißt, der Charakter der Musik entspricht dem Charakter des Bildes und unterstützt diesen zusätzlich.) Insgesamt kann man sagen, die Musik verhält fast sich wie der Erzähler im Buch, sie kennzeichnet vor allem die Sequenzwechsel und baut dabei eine gewisse Spannung auf (obwohl dies nicht die Absicht des Erzählers im Buch); sie verkündet dem Zuschauer deutlich, dass nun etwas Neues folgt, während das Fehlen der Hintergrundmusik den Dokumentarcharakter verstärkt, bzw. hervorruft. Nur in seltenen Fällen charakterisiert sie die Figuren direkt, weshalb sie auch neutral wirkt.
Auf welche Aspekte bzw. Teile der Erzählung legt der Film Schwerpunkte?
Der Film basiert auf der Handlung aus dem Buch, somit muss es schon eine große Gemeinsamkeit der Kulisse und den handelnden Personen geben (der Film spielt genau wie das Buch auch in Köln). Jedoch wurden im Film ein paar Szenen abgeändert und auch neue eingefügt. Ohne diese Szenen hätte man einige Dinge nicht darstellen können, also im Buch ist ja generell alles fein säuberlich erklärt und beschrieben und man kann relativ leicht alle Gedankengänge nachlesen/nachvollziehen. Im Film hingegen muss das alles durch die handelnden Personen geschehen und somit kann z.B. nicht mehr die ZEITUNG alles darlegen, sondern es geschieht durch Tötges, der im Film die Zeitung ‚ersetzt’. Aus diesem Grunde endet der Film auch vollkommen anders als das Buch. Im Buch geht es nach Tötges Ermordung noch weiter und ein neuer Reporter wir eingesetzt. Im Film folgen aber nach der Ermordung von Tötges das Verhör von Katharina, ein zufälliges Zusammentreffen mit Ludwig im Polizeikeller und schließlich die Beerdingung von Tötges und eine Grabrede von Lüding. Um die Charakterzüge zu verdeutlichen musste im Film z.B. die Szene an der Kirche hinzugefügt werden (Sequenz 15). Ansonsten hätte man nie so deutlich sehen könne, wie Tötges arbeitet und was er für ein Angeber ist. Auch die Szene von dessen Ermordung musste abgeändert werden. Im Buch tötet Katharina ihn, als er völlig überraschend an ihrer Haustür steht und sie belästigt, Im Film reden sie vorher noch. Das musste der Regisseur so handhaben, weil es sonst nicht so gut herüber gekommen wäre, was in Katharina vorging. So konnte man es wunderbar erkennen, wie sich ihre Wut auf ihn immer weiter aufbaute, bis sie ihren Höhepunkt erreichte. Diesen hat Tötges im Film dann überschritten, als er meinte mit ihr schlafen zu wollen. Das waren die Hauptveränderungen und Neuerungen in dem Film. Ansonsten sind es eher nur Kleinigkeiten, die dann bezwecken, dass alles durch die Schauspieler dargestellt werden musste, hierbei ging es vor allem um die Gedanken, die untergebracht werden mussten. Die größte Veränderung ist im Prinzip, dass die Zeit anders gehandhabt wird, im Film spielt die Story ein knappes Jahr später, aber auch an Karneval.
Im Buch ist alles darauf angelegt, den Mordfall und Katharinas Handlungen zu rekonstruieren und aufzudecken, wer was wie warum getan hat. Im Film dreht es sich zwar auch darum, aber es geht eigentlich „nur“ um den Mord an Tötges. Im Film steht das Verhältnis zwischen Tötges und Katharina im Vordergrund. Man sieht ganz klar, wie die Presse aus einem recht „guten“ Menschen ein Häufchen Elend machen kann und wie es einer einzigen Zeitung bzw. einem einzigen Reporter möglich ist, einen Menschen „kaputt“ zu machen, so dass er/sie sogar bereit ist jemanden zu ermorden, wobei es im Film gar nicht mehr so um die Zeitung geht, da dort nicht das System ‚Zeitung’ dargestellt wird, sondern hier wird es von Tötges repräsentiert.
Im Film muss die Gewalt durch die Personen zum Ausdruck gebracht werden. Das ist recht anschaulich dargestellt. Es ist anhand dieser Darstellung nicht schwierig zu erkennen, dass Gewalt nach und nach entsteht. Man kann die Entwicklung nachvollziehen und verstehen, warum Katharina am Schluss so reagiert hat, wie sie reagiert hat. Allein durch Verdrehung der Tatsachen entsteht nach und nach Wut und aus ihr dann Gewalt. Je mehr man dann von diesen „Wahrheiten hört“ desto mehr steigert man sich in die Wut hinein und um diese dann abzubauen entsteht Gewalt. Im Film sieht man die Wirkung, die diese Gewalt auf Katharina hat und zu welchen Taten die Gewalt einen Menschen bringen kann.
Der Film besitzt eigentlich dieselben Aussagen, wie das Buch, nämlich die Kritik gegen so eine Form von Presse und Berichterstattung und er zeigt ganz deutlich, wohin so eine Mediengewalt führen kann und was diese mit völlig normalen Leuten machen kann. Dies bringt der Film auch sehr gut zum Ausdruck, denn als er im Kino gezeigt wurde, kam es nach der Ermordung Tötges durch Katharina nicht selten zum spontanen Applaus, anstatt zum Mitleid mit ihm. Viele Leute finde, dass das die einzige und gerechte Strafe ist, die er hier erhält.
Analysiert die Sequenzen 15 und 53 im Detail!
In dieser Sequenz wird veranschaulicht, wie Tötges arbeitet. Im Buch selbst ist dieses nie genau beschrieben worden, man weiß eigentlich gar nichts über die Methoden und Vorgehensweise von Tötges. Im Film hingegen wurde extra zur Veranschaulichung dieser Methoden Sequenz 15 hinzugefügt. Egal wie und wo man im Buch liest, nie erfährt man etwas über die Arbeitsweise von Tötges. In einem Film hingegen muss die Zeitung durch eine Person repräsentiert werden, die mit Gestik und Mimik arbeitet, da man das System so im Film nicht darstellen kann. So wurde die Rolle der ZEITUNG auf Tötges übertragen, der durch diese Sequenz charakterisiert wird. Durch diese werden dann alle Charakterzüge und Eigenschaften von der ZEITUNG sichtbar und durch Tötges dargestellt. Es ist deutlich zu erkennen, dass er von sich hundertprozentig überzeugt ist (Als er den Mädchen den Blumenstrauß übergibt), genauso, wie auch die ZEITUNG. Des Weiteren werden alle Mittel, seien sie auch noch so widrig, verwendet, um Leser anzulocken und „guten Informationsstoff“ zu haben. Aufgrund seiner Dreistigkeit erhält Tötges von allen Personen, auch wenn er sie gar nicht wirklich interviewen wollte, alle Informationen, aus denen er eine Sensationsstory aufbauen kann.
Nach Tötges Ermordung findet seine Beerdigung statt und mit dessen Tod musste der Film enden, da nicht die ZEITUNG im Vordergrund stand, sondern Tötges, der die ZEITUNG repräsentiert. In seiner Grabrede wird ganz klar deutlich, dass die ZEITUNG sich durch seinen Verlust getroffen fühlt. Und eben dieses wird den Mitbürgern und ZEITUNGs-Lesern eingeredet, damit auch sie noch weiterhin für die ZEITUNG sind. In seiner Rede spricht Lüding über die Pressefreiheit, die durch den Mord enorm leiden musste, dabei scheint es fast so, als hätte er einen Akzent wie die Nationalsozialisten im Dritten Reich. Für Lüding ist das ein Angriff auf seine Freiheit, bzw. die Freiheit der ZEITUNG. Zwar hat die ZEITUNG die Pressefreiheit vollends ausgenutzt und sie eigentlich sogar missbraucht, aber davon will Lüding nichts wissen und er verkauft es auch den Anwesenden so, als ob die ZEITUNG immer korrekt gehandelt habe und sich in keinster Weise einen Fehler zugute kommen ließ. Aber auch nach Tötges muss es weitergehen und durch diese Rede werden die Trauernden angeregt, sich tagtäglich die ZEITUNG zu kaufen und auch jetzt noch den weiteren Verlauf nachzulesen. Wenn auch alles so offensichtlich ist, so kann die ZEITUNG es immer noch wieder anders hinstellen und durch Tötges Tod hat sie vielleicht einen ‚guten’ Reporter verloren, aber dennoch eine rapide Steigerung der Leserzahlen aufbringen können. Und auch nach Tötges Tod wird es immer weitere Reporter geben, die sich für die ‚Pressefreiheit’ einsetzen und den Menschen alles mitteilen, sei es auch noch so rufschädigend oder erfunden.