Die bleierne Zeit (Marianne and Juliane, The German Sisters)

- Regie: Margarethe von Trotta
- Buch: Margarethe von Trotta
- Kamera: Franz Rath
- Schnitt: Dagmar Hirtz
- Musik: Nicolas Economou
- Darsteller: Jutta Lampe, Barbara Sukowa, Rüdiger Vogler, Doris Schade, Vérénice Rudolph, Luc Bondy, Franz Rudnick u.a.
- 1981; 105 Minuten
  1. Die bleierne Zeit (Wikepedia (Deutsch)
  2. Marianne and Juliane (Wikepedia (English)
  3. Gudrun Ensslin
  4. A related play: Black Hands/Dead Section

5. Die bleierne Zeit (BRD 1981, 107 Min.)

(Bundeszentrale für politische Bildung)

Der Film „Die bleierne Zeit“ setzt sich mit den unterschiedlichen Lebenswegen zweier Frauen in den Jahren des Terrorismus in der Bundesrepublik auseinander. Erzählt wird die Geschichte zweier Schwestern, die sich auf sehr unterschiedliche Weise politisch engagieren. Während die eine den Weg der kleinen Schritte geht, taucht die andere in Terroristen-Kreisen unter. Ein politisches und psychologisches Drama, das anhand der Schwesternbeziehung gewaltsame und gewaltfreie Formen des Widerstandes gegen bestehende Verhältnisse thematisiert sowie Zeitgeist und Atmosphäre der 80er Jahre im Westen widerspiegelt.

Die Schwestern Juliane und Marianne wachsen in einem protestantischen Elternhaus auf, in der bleiernen Zeit der 50er Jahre. Im Gefolge der Protestbewegung von 1968 engagieren sie sich politisch. Juliane entscheidet sich für die pragmatische politische Arbeit und setzt sich als Redakteurin einer progressiven Frauenzeitung für schrittweise gesellschaftliche Veränderungen ein. Marianne geht in den Untergrund und wählt den Weg der Gewalt. Diese Gegensätze scheinen unversöhnlich. Als Marianne verhaftet wird, festigt sich durch Julianes Besuche im Gefängnis das emotionale Band zwischen den beiden und es ergibt sich eine allmähliche Annäherung. Marianne stirbt in der Haft; Ihre Schwester Juliane versucht die Umstände ihres Todes zu ergründen.

Der preisgekrönte Film „Die bleierne Zeit“, der wohl zu einem der bedeutendsten und zugleich umstrittensten Filmen der Regisseurin und Drehbuchautorin Margarethe von Trotta zählt, entstand in Anlehnung an die Biografien der beiden Schwestern Christine und Gudrun Ensslin. Er erhielt mehrere Preise (u.a. 1981 Bundesfilmpreis für den besten Film, Goldener Löwe Venedig) und wurde erstmals Ende 1982 in DDR-Kinos gezeigt.

Im Anschluss an die Filmvorführung diskutieren der Schriftsteller Christoph Dieckmann, der Filmregisseur Gerd Konrad, der jüngst mit seinem Film über Holger Meins auf der Berlinale 2002 vorgestellt wurde, sowie Fred Gehler Direktor des Dok-Film-Festivals (Moderation).

6. Die bleierne Zeit von Margarethe von Trotta

(Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004 )

Inhalt:


Juliane und ihre jüngere Schwester Marianne wuchsen in der Familie eines Pfarrers auf. Während die artige Marianne vom Vater verhätschelt wurde, brachte Juliane ihn desöfteren in Wut, weil sie sich nicht anpassen wollte und gegen seine Autorität aufbegehrte.

Juliane engagiert sich schließlich als Journalistin einer feministischen Zeitschrift für gesellschaftliche und politische Reformen wie zum Beispiel die Abschaffung des Abtreibungsparagrafen 218 StGB, während Marianne sich im Untergrund Terroristen anschließt, die sich im Nahen Osten als Guerillakämpfer ausbilden lassen und glauben, mit Gewalt mehr Gerechtigkeit durchsetzen zu können. Dafür lässt Marianne sogar ihren zweijährigen Sohn Jan im Stich.

Werner (Luc Bondy), ein Freund, soll sich um den Jungen kümmern, aber der Journalist fühlt sich mit dieser Aufgabe überfordert, und als Juliane (Jutta Lampe) es ablehnt, Jan während Werners geplantem einjährigen Aufenthalt in Bali bei sich aufzunehmen, nimmt er sich das Leben.

Juliane, die mit dem Architekten Wolfgang (Rüdiger Vogler) zusammen lebt, sieht sich aus beruflichen Gründen außerstande, für das Kind zu sorgen und erreicht durch die mit ihr befreundete Ärztin Sabine (Vérénice Rudolph), dass Jan bei Pflegeeltern unterkommt.

Unvermittelt ruft Marianne (Barbara Sukowa) eines Tages bei Juliane an und verabredet sich mit ihr in einem Kunstmuseum. Einige Zeit später taucht Marianne mit zwei Terroristen nachts um drei Uhr völlig erschöpft bei Wolfgang und ihrer Schwester auf, geht jedoch wieder, nachdem sie einen Schluck Kaffee getrunken hat. Kurz darauf wird sie verhaftet.

Juliane muss eine demütigende Leibesvisitation über sich ergehen lassen, bevor sie in das Besucherzimmer der Haftanstalt geführt wird – aber Marianne bleibt in ihrer Zelle und will sie nicht sehen. Schließlich kommt es doch noch zu Besuchen – stets unter strenger Bewachung durch mehrere Beamte, die ihre Gespräche mitstenografieren –, aber die beiden Schwestern geraten fast jedes Mal wegen ihrer unterschiedlichen politischen Einstellung in Streit. Juliane wirft Marianne vor, statt der mühsamen aber sinnvollen Arbeit beispielsweise in der Entwicklungshilfe lieber die große Revolutionärin gespielt zu haben, und Marianne kritisiert ihre Schwester, weil diese mit ihrer journalistischen Tätigkeit nichts bewegen könne. Ungeachtet ihrer Meinungsverschiedenheiten wartet die allein in einem isolierten Trakt untergebrachte Terroristin immer verzweifelter auf den nächsten Besuch ihrer Schwester.

Während der Vater (Franz Rudnick) nichts von seiner kriminellen Tochter wissen will, überredet Juliane ihre Mutter (Doris Schade), einen Besuch bei ihr – Juliane – vorzutäuschen, um heimlich mit ihr gemeinsam zu Marianne in die Justizvollzugsanstalt fahren zu können.

Während eines Italienurlaubs sehen Juliane und Wolfgang in einem Restaurant plötzlich Mariannes Bild im Fernsehen, aber sie verstehen nicht, was dazu gesagt wird. Aufgeregt ruft Juliane zu Hause an und erfährt von ihrem Vater, dass ihre Schwester sich in der Gefängniszelle erhängt habe.

Als sie das entstellte Gesicht der Toten im Sarg sieht, bricht sie zusammen. Sobald sie sich erholt hat, engagiert sie Mariannes Verteidiger, eignet sich mit Sabines Hilfe medizinisch-forensisches Wissen aus Fachbüchern an und untersucht Mariannes Habseligkeiten bis ins Kleinste. Sie kann nicht glauben, dass Marianne sich umgebracht hat und will beweisen, dass sie ermordet wurde – obwohl sie sich mit dem aussichtslosen Unterfangen zunehmend isoliert und selbst ihren verständnisvollen Lebensgefährten Wolfgang gegen sich aufbringt.

Da wird sie eines Tages in eine Klinik gerufen: Der kleine Jan, der in seiner Pflegefamilie unter dem Namen Thomas eine neue Identität erhalten hatte, liegt mit schweren Brandwunden im Krankenbett. Jemand war offenbar darauf gekommen, dass es sich um den Sohn der Terroristin handelt und setzte die Höhle, in der er gern spielte, in Brand. Juliane nimmt ihren verstörten Neffen bei sich auf. Als er ein Foto Mariannes an der Wand entdeckt, zerreißt er es in kleine Fetzen. "Du hast Unrecht", tadelt ihn Juliane. "Deine Mutter war eine außergewöhnliche Frau. Ich werde dir von ihr erzählen ..."
Da wird sie eines Tages in eine Klinik gerufen: Der kleine Jan, der in seiner Pflegefamilie unter dem Namen Thomas eine neue Identität erhalten hatte, liegt mit schweren Brandwunden im Krankenbett. Jemand war offenbar darauf gekommen, dass es sich um den Sohn der Terroristin handelt und setzte die Höhle, in der er gern spielte, in Brand. Juliane nimmt ihren verstörten Neffen bei sich auf. Als er ein Foto Mariannes an der Wand entdeckt, zerreißt er es in kleine Fetzen. "Du hast Unrecht", tadelt ihn Juliane. "Deine Mutter war eine außergewöhnliche Frau. Ich werde dir von ihr erzählen ..."

8. Rezensionen:


Von Gudrun Ensslins Schwester Christiane ließ Margarethe von Trotta sich zu dem Politdrama "Die bleierne Zeit" anregen. Der aus einem Hölderlin-Gedicht stammende Titel pielt auf die gesellschaftliche Situation in den Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren in der Bundesrepublik Deutschland an. In Anlehnung an einige Momente in der Biografie der RAF-Terroristin Gudrun Ensslin erzählt Margarethe von Trotta die weitgehend frei erfundene Geschichte zweier Schwestern, die sich beide um 1968 herum gesellschaftlich engagieren, die eine als kritische Journalistin einer feministischen Zeitschrift, die andere als Terroristin im Untergrund. "Die bleierne Zeit" ist ein ernster, beinahe dokumentarisch wirkender und vor allem aus den Dialogen heraus wirkender Film ohne jede Effekthascherei.

Für "Die bleierne Zeit" erhielt Margarethe von Trotta bei den Filmfestspielen in Venedig einen "Goldenen Löwen". Die beiden Hauptdarstellerinnen Jutta Lampe und Barbara Sukowa wurden in Cannes mit einem "Goldenen Phönix" ausgezeichnet.

7. Bibliography


Byg, "German History and Cinematic Convention Harmonized in Margarethe von Trotta’s Marianne and Julianne." Gender and the German Cinema: Feminist Interventions. Vol. II: German Film History/Geman History on Film. Sandra Frieden et al., eds. Providence, Oxford: Berg, 1993. 259-89.

Delorme, Charlotte. "On the Film Marianne and Juliane by Margarethe von Trotta." Trans. Ellen Seiter. Journal of Film and Video 37 (1985): 47-51.

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Donougho, Martin. "Margarethe von Trotta: Gynemagoguery and the Dilemmas of a Filmmaker."Literature Film Quarterly 17.3 (1989): 149-160.


Emde, "Intertextuality as Political strategy in Margarethe von Trotta’s Marianne and Julianne" West Virginia Philological Papers 38 (1992): 270-79.

Kaplan, E. "Female Politics in the Symbolic Realm: von Trotta’s Marianne and Julianne." Women and Film: Both Sides of the Camera. London: Methuen, 1983. 104-112.
"Discourses of Terrorism, Feminism and the Family in von Trotta’s Marianne and Julianne"

Linville, Susan E. "Retrieving History: Margarethe von Trotta's Marianne and Juliane." PMLA 106.3 (May 1991): 446-58.

Moeller, H.-B. "West German Women's Cinema: The Case of Margarethe von Trotta." Film Criticism 11/1-2 (1987): 111-26.

Seiter, Ellen. "The Political is Personal: Margarethe von Trotta’s Marianne and Julianne." Ed. Charlotte Brunsdon. Films for Women. London: British Film Institute, 1986. 109-16.

Sklar, Robert, and Adrienne Harris. Review of Marianne and Juliane. Cineaste 12/3 (1983): 41-44.

8 . Diskussionsfragen zum Film Die bleierne Zei