Vieles, was Anfang dieses Jahrhunderts in der Literatur geschieht, gehört zur Literaturrevolution. Aber was bedeutet das? |
Literaturrevolution ist die Sammelbezeichnung für die literarischen
Umwälzungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Diese literarischen
Umwälzungen entwickelten sich in zahlreichen literarischen Strömungen:
Futurismus (in Italian und Rußland), Expressionismus, Sturmkreis (in
Deutschland), Dadaismus (in der Schweiz, in Deutschland und Frankreich),
Kubismus, Surrealismus (in Frankreich), Poetismus (in der
Tschechoslowakei). Oft werden auch der Naturalismus als erste Phase und die
ästhetisierenden Gegenströmungen (Symbolismus, Impressionismus) als
zweite Phase (auch erste und zweite "Moderne") der Literaturrevolution
bezeichnet.
Es geht um eine Generation junger Schriftsteller, die von der naturwissenschaftlichen und technischen Entwicklung vom ersten Weltkriegs am tiefsten beeindruckt wurden und sich gruppierten, um neue Stoffe und Stile zur dichterischen Gestaltung zu finden. Diese oft kurzlebigen und rasch fluktuierenden Tendenzen und Gruppierungen haben es gemein, das Bildungsbürgertum und sein Dichtungsverständnis, überhapt die traditionellen Dichtungsformen und bürgerliche Ästhetik radikal und provokativ abzulehnen, neue Ausdrucksmöglichkeiten zu suchen und zu experimentieren, z.B. Symbole und Metaphern für Symbolismus, Schrei und Ausdruck für Expressionismus. Sie versuchten auch, ihre Methoden stets zu radikalisieren, sich innerhalb der gesellschaftlichen Bewegungen zu engagieren, sich an jeweiligen Ideologien zu binden. Der italienische Futurismus verherrlichte z.B. den Krieg und bekannte sich zum Faschismus, der Züricher Dadaismus dagegen befürwortete einen bedingungslosen Pacifismus und der russische Futurismus umarmte den Marxismus und Kommunismus. Innerhalb einer Bewegung gab es auch widerspruchsvolle Gruppierungen: Der Züricher Dadaismus war z.B. gegen den Berliner Dadaismus und der Surrealismus in Frankreich war auch in sich zerstritten. Trotz dieser Unterschiede ist die Bezeichnung der Literaturrevolution berechtigt, weil die dichterische Radikalisierungen und Erneurungen aller Strömungen und Gruppierungen zugleich die tiefgreifenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen widerspiegeln. |